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Juli Zeh: Über Menschen.


„Die Tragik unserer Epoche () besteht darin, dass die Menschen ihre persönliche…

…Unzufriedenheit mit einem politischen Problem verwechseln.“ Sagt Jojo, der Vater der Protagonistin des neuen Romas von Juli Zeh. Er sagt noch viele andere interessante Dinge im Laufe der Zeilen. Der nächste Satz lautet bspw.: „Womöglich liegt nicht einmal eine Verwechselung vor. Die Unzufriedenheit der Leute ist ein politisches Problem, und zwar von gigantischem Ausmaß.“   

Das Buch ist trotzdem (oder vielleicht gerade deswegen) ein Versöhnungsversuch. Nicht das Trennende, sondern das uns Menschen Verbindende spielt eine Rolle. Typische Vorurteile und Zustände (Großstadt – Provinz, Nazitum – Linksliberalismus, Armut – Reichtum, Individualismus – Gesellschaft) werden beschaut, gewendet, gedreht und auf ihre Haltbarkeit geprüft. Ein Spiegel für uns alle. Ein Spiegel, um unsere eigene Feigheit zu erkennen, unser Verkriechen hinter Vorurteilen und gesellschaftlichen Konventionen.   

Dora ist der Dreh- und Angelpunkt der Story. Sie, eine kreative Großstadtpflanze, zieht aufs Land. Will ihre Ruhe haben, Corona und dem Freund entfliehen, fängt an ein altes Haus zu sanieren. Linksliberal gestrickt merkt sie nach und nach, dass der Nachbar und „Dorf-Nazi“ Gote ein so schlechter Mensch nicht ist. Die beiden kommen sich näher (ohne Erotik), sie tasten sich ab, ganz unspektakulär, ein Kennenlernen von Menschen. Wahrscheinlich nur möglich auf dem Lande, wo einer dem anderen gewohnt ist zu helfen. In der Anonymität der Großstadt schwer denkbar das Ganze.

Ein schnell lesbares Buch mit Tiefgang. Sehr lesenswert. Fast wünscht man, dass die Geschichte der beiden immer weiter geht, dass am Ende alles gut wird und sich die Welt zum Besseren wendet.

Cover des Buch hier sehen.