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Tempografie der Herrschaft.


Wundern Sie sich nicht, wenn sie keine Antworten bekommen. Wir leben im Zeitalter des Wartens und Zögerns. Handeln und Verantwortung übernehmen sind out.  

Nicht nur Menschen mit ihrer Singularität sind Teil des Problems. Es sind vor allem Institutionen und Behörden, die nicht mehr adäquat handeln können oder wollen. Ausnahmen gibt es immer und diese erfreuen einen. Der Grundsatz aber scheint zu sein: Abwarten, wenn Anfragen kommen. Kopf in den Sand. Manchmal sind es die drei U, die Schuld an dieser für die BürgerInnen misslichen Lage haben (Unvermögen, Unkenntnis, Unwillen). Oft ist auch nicht klar, wer zuständig ist. Oder umgekehrt: zu viele Zuständigkeiten. Das Ergebnis ist das Gleiche: Stillstand in der Kommunikation.

Es gibt aber offenbar so etwas wie eine "Tempographie der Herrschaft" oder eine „Politik des Wartens“. Die Begriffe stammen vom Soziologen Javier Auyero. Das „öffentliche“ Handeln wird in diesem Zusammenhang als gelähmt wahrgenommen. Denn: Wer als Behördenmitarbeiter mit seinen Antworten lange wartet und sich nicht aus der Ruhe bringen lässt oder wahlweise gar nicht antwortet, hat einen entscheidenden strategischen Vorteil: Er oder sie degradiert die Anfragenden, sie werden zum Bittsteller, sie werden degradiert. Bestehende Machtverhältnisse sollen damit zementiert werden. Du da unten, ich hier oben…

Wie gesagt: Es gibt immer Ausnahmen! Manch eine Verwaltung ist sternenklar organisiert, verantwortungsbewusst und hoch motiviert. Manch eine nicht. Gefährlich wird es nur, wenn die "Tempographie der Herrschaft" um sich greift. Wenn das Zynische siegt… BürgerInnen merken sowas schnell und genau. Um die Demokratie zu stärken und das Vertrauen in Politik und Verwaltung zurückzubekommen, müsste die Verwaltungsblickrichtung geändert werden: nicht mehr von oben nach unten, sondern auf Augenhöhe. BürgerInnen möchten durchaus verwaltet werden. Wenn, dann aber gut. Veräppelt wollen sie nicht werden.