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Aufhören.


Eine Kulturtechnik, die wir uns aneignen sollten, ist das Beenden von unsinnigen Tätigkeiten…meint Harald Welzer in seinem neuen Buch „Ein Nachruf auf mich selbst“. Nicht nur Kulturtechnik, sondern auch Wirtschaftstechnik, meine ich.

Harald Welzers neues Werk habe ich schon länger im Visier. Heute habe ich es mir endlich gekauft. Ich zitiere einfach mal aus dem Klappentext. Es wird mir ein Genuss sein, dieses Buch zu lesen.  

„Es ist absurd: Naturverhältnisse, die unser Leben und Überleben sichern, kommen an ihr Ende, aber unsere Kultur hat kein Konzept vom Aufhören. Verbissen optimiert sie das Falsche, anstatt es einfach sein zu lassen. Die Moderne lebt von der Illusion der Grenzenlosigkeit, aber durch das 21. Jahrhundert kommen wir nur, wenn wir das Leben und das Wirtschaften im Modus der Endlichkeit verstehen… Unsere Kultur hat kein Konzept vom Aufhören. Deshalb baut sie Autobahnen und Flughäfen für Zukünfte, in denen es keine Autos und Flughäfen mehr geben wird. Und versucht, unsere Zukunftsprobleme durch Optimierung zu lösen, obwohl ein optimiertes Falsches immer noch falsch ist.“

Dieser Meinung bin ich ganz und gar. Ich spürte es von je, stark in meinem Inneren. Aufhören ist etwas Gutes, etwas Positives, etwas, was einen weiterbringt. Immer dann, wenn es absolut nicht weitergeht in der alten Struktur, wenn jeder Kampf aussichtslos und der Weg undurchdringlich verstellt wird oder gar ein abseitiger Nichtverstand an Macht gewinnt. Kämpfen ja, aber nur bis zu einem gewissen Grad. Dann sofort eine andere Richtung einschlagen. Ziel: das Ziel erreichen. So ist es im Persönlichen bei mir. Und ich bin stets gut damit "gefahren". So müsste es auch im gesellschaftspolitischen Bereich sein: Nichts mehr machen, was gefährdet, schädigt oder eine positive Entwicklung hemmt.

Aber ist der Mensch so? Kann er zur rechten Zeit aufhören, kann er Neues beginnen oder erst dann, wenn das Alte zerstört wurde? Ich zweifle oft am menschlichen Verstand vieler meiner Zeitgenossen (und diese sicher auch an meinem), weil ich sehe mit welcher Arglosigkeit die schlimmsten Dinge weiter vorangetrieben werden. Immer natürlich im Namen des Fortschrittes.