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Bauernproteste.


Mehr Gewinn für die Großen, mehr Land, mehr Abhängigkeit, mehr Wut.    

Bauer zu sein war nie leicht. Ganz nah an der Natur, ständig im Kampf mit ihr, um Pflanzen und Tiere wachsen zu lassen. Das ist nicht einfach. Das strengt unheimlch an. Das braucht riesig viel Kraft. Es ist der unmittelbarste Natur-Beruf, den Menschen je zu erledigen hatten. Er wird heute viel zu wenig wertgeschätzt. Das muss sich ändern. Aber auch die Art der konventionellen Landwirtschaft muss sich ändern.

Bauer sein heißt heute vor allem „Landwirt“ sein. Die neue Bezeichnung zeigt, dass Werteverschiebungen vorgenommen wurden. Heute produziert der Bauer nicht mehr für sich und seine Umgebung. Subsistenz betreibt keiner mehr. Ist er nicht gerade Bio-Bauer,  produziert er industriell für einen überregionalen bis globalen Markt. Sein Vergleichswert ist nicht mehr er selbst und seine Familie oder der Mensch von nebenan, der seine Produkte kauft, sondern ein Lebensmittelkonzern oder auch ein riesiger Schlachthof, der global agiert und ihm einen bestimmten Preis für seine Produkte zahlt oder eben auch nicht. Unfaire Preise sind wohl an der Tagesordnung.

Konventionell arbeitende Bauern haben sich in den letzten 50 Jahren unabhängig gemacht von der Bevölkerung um sie herum. Dieser Markt war ihnen scheinbar zu klein, sie wollten mehr. Mehr Land, mehr Gewinn. So wurde es ihnen eben auch versprochen von Wirtschaftsverbänden und Politik. Think big! Deswegen haben sie sich, ironischerweise, eine neue Abhängigkeit gesucht. Eine größere, eine globale. Eine, die sie in keinem Fall selbst kontrollieren können.

Nun wird es ihnen immer mehr klar: Sie sind in eine Abhängigkeit geschlittert, der sie kaum entrinnen können. Der einzige Ausweg wäre eine Rückkehr zur leichten Subsistenz, plus eine überschaubare Mehrproduktion für Land und Leute der unmittelbaren Umgebung. Regionalmarkt. Aber wer von den Landwirten möchte das schon? Das würde Verzicht und (in ihren Augen) Gesichtsverlust bedeuten. Die Courage muss man erstmal haben etwas grundsätzlich anders zu machen, anders zu wirtschaften, gemeinwohlorientierter. Sich zu bescheiden, Verzicht zu üben. Stattdessen herrscht weiterhin der propagierte Wille zu einem MEHR. Oft geht das auf Kosten kleiner Betriebe – die großen schlucken diese und freuen sich darüber.

Man muss aber gleichzeitig konstatieren, dass die Gesellschaft in den letzten 50 Jahren ihr Konsumverhalten geändert hat. Der Supermarkt hält alles parat und genau dort holen sich die Menschen ihre Lebensmittel, nicht beim Bauern. Hand in Hand ging die Umstellung der Landwirtschaft mit der Umstellung der Kaufgewohnheiten. Auch das ist so schnell nicht umkehrbar. Der Verbraucher hat, so ehrlich müssen wir sein, eine Mitschuld. Auch dem Verbraucher fällt ein Umdenken sehr schwer.

Es gebe so viel mehr zu schreiben über die Art von industrieller Landwirtschaft, die heute betrieben wird. Gerade in den Neuen Bundesländern. Es ist oft (nicht immer: Bio-Landwirte und Solawi´s bilden eine Ausnahme!) ein arges Ausbeuten des Bodens, ein regelrechtes Verseuchen mit Giften und Jauchen. Ich kenne leider keinen konventionell arbeitenden Landwirt, der seinen Boden wirklich liebt, der ihn anfasst und befühlt, der daran riecht. Ich komme vom Land (mit Nebenerwerbslandwirtschaft) und ich beobachte, was um mich herum passiert. Den Trend zu dem, was wir heutzutage sehen in der Landwirtschaft, gab es ja zu DDR-Zeiten schon. Schon als Kind war mir klar, dass da was grundsätzlich schief läuft.

Nur Maschinen wühlen noch in der Erde. Immer größere, immer teurere. Für große Maschinen verschulden sich Landwirte weiterhin kräftig, müssen Kredite abtragen, sind in der Kostenfalle. Ein unendlicher Kreislauf, der Wut und Ohnmacht erzeugt. Die Fahrzeughersteller indes freuen sich. Gewinne pur. Wenn der Traktor zum Prestigeobjekt wird... läuft was falsch.

Doch Wut allein auf die Politik ist nicht der richtige Weg. Landwirte müssen anfangen sich zu fragen, was in den letzten 50 Jahren WIRKLICH schiefgelaufen ist. Anfangen können sie, indem sie die Politik ihrer Verbandsfunktionäre genauer unter die Lupe nehmen. Anfangen können sie auch, indem sie die Verbraucher sensibilisieren und auf die Probleme und unfairen Erzeugerpreise bei der Produktion aufmerksam machen. Und natürlich dürfen diejenigen nicht vergessen werden, die als riesige Handelsketten arbeiten und ebenfalls satte Gewinne auf Kosten der Bauern einfahren.

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